Viviane Reding – Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, EU-Justizkommissarin
Moderne Verbraucherpolitik in der digitalen Zukunft/Berlin
Berlin, 15-3-2013 — /europawire.eu/ — Liebe Frau Puttrich,
meine Damen und Herren,
ich danke Ihnen für die Einladung zu diesem “EU-Tag” der Verbraucherschutzministerkonferenz. Dass Sie den “EU-Tag” unter das Motto “moderne Verbraucherpolitik in der digitalen Zukunft” stellen, ist aus meiner Sicht natürlich eine gute Entscheidung. Dass Sie dazu einen Tag gewählt haben, an dem die Europäische Kommission die Verbraucherrechte gerade auch im Internet noch weiter voranbringen will, ist eine glückliche Fügung, ja eine gute Nachricht für Verbraucher! Aber dazu komme ich noch später im Detail.
Zunächst: Warum muss uns der Verbraucherschutz im Internet so sehr beschäftigen? Das Internet ist kein “neues Medium” mehr. Fast drei Viertel der Europäer haben einen Breitband Internetanschluss. Viele nutzen das Internet nun auch mit ihren Handys und Tabletts, unter den jungen Menschen von 16-24 sind es mehr als die Hälfte. Für viele Menschen sind die digitalen Dienste ein wichtiger Teil ihres Lebens geworden, ohne die sie nicht mehr auskommen wollen.
Die Unternehmen reagieren auf das Interesse mit einer Vielfalt von Angeboten. Deshalb verdient der Verbraucherschutz im Internet die gleiche Aufmerksamkeit wie Verbraucherschutz “offline”. Die Menschen müssen geschützt werden: vor unfairen Angeboten und Betrügern oder vor einem Datenklau ihrer Kreditkartendetails beim Online-Einkauf. Und weil das Internet natürlich grenzüberschreitend ist, kann der Verbraucherschutz nicht an der nationalen Grenze Halt machen. Die Europäische Union ist in der Pflicht. Dies gilt nicht nur, aber gerade im Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger.
Allerdings: Es ist auch in unserem wirtschaftlichen Interesse, dass Verbraucher ein größeres Vertrauen in die digitalen Dienste und Online-Märkte entwickeln und entwickeln können. Verbraucherausgaben machen 56 % des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union aus. Allein durch die Vollendung des Europäischen Digitalen Binnenmarkts soll die Wirtschaftsleistung in der EU bis 2020 um 4% wachsen. Der Online-Markt und digitale Dienste werden bis 2015 für mehr als ein Fünftel des Wachstums in Deutschland und der neu zu schaffenden Arbeitsplätze verantwortlich sein1. Wenn es gelingt, den Anteil des Online-Markts auf 15% des Einzelhandels auszuweiten, könnte das den Verbrauchern in der EU Vorteile von rund 200 Milliarden Euro bringen.
Beeindruckende Zahlen. Doch die ernüchternde Wahrheit ist, dass heute nur 9% der Verbraucher online im EU-Ausland einkaufen – obwohl es dort oft bessere Angebote gibt.
Die EU hat seit Jahrzehnten Gesetze im Bereich des Verbraucherschutzes verabschiedet. Um genauer zu sein, die Geburtsstunde der gemeinsamen europäischen Verbraucherpolitik datiert auf das Jahr 1975, als in einem ersten Aktionsprogramm die Grundlagen für das zukünftige Gemeinschaftsrecht geschaffen und das Recht auf Schutz von Gesundheit und Sicherheit anerkannt wurde. Dem folgten eine Reihe von Gesetzen, die heute Verbrauchern eine Fülle von Rechten geben: hohe Sicherheitsstandards für Lebensmittel und andere Konsumgüter, Fluggastrechte und Schutz im Urlaub, Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken und vor irreführender Werbung, wirksame Beschwerdemöglichkeiten bei grenzübergreifenden Streitigkeiten, die Verbraucherrechterichtlinie, die online Abzocken verhindert, und, und, und.
Verbraucherschutz ist eine lange europäische Erfolgsgeschichte. Die Gesetze sind da. Aber ich glaube für die richtigen Rahmenbedingungen brauchen wir mehr als nur Verbraucherschutzgesetzgebung. Wir brauchen auch Investitionen in die Infrastruktur und eine Vereinfachung der Rechteverwaltung für digitale Produkte zum Beispiel. Und wir brauchen vor allem eines: Vertrauen. Nur wenn die Verbraucher Vertrauen haben in den digitalen Markt, nur wenn es Käufer gibt im Internet, können die Unternehmen etwas verkaufen, nur dann kann die Rechnung aufgehen.
Gerade durch einen zeitgemäßen Verbraucherschutz können wir dabei auch die richtigen Anreize für nachhaltiges Wachstum setzen. Informierte Verbraucher sind wachsame Verbraucher. Wenn die Bürger wissen, dass sie zum Beispiel vom Kauf eines Films zurücktreten können bis der Download begonnen hat – wenn also Verbraucher ihre Rechte kennen – dann können sie ihr Recht durchsetzen. Und das wird dazu führen, dass die schwarzen Schafe vom Markt verschwinden, die nur aufgrund unfairer Geschäftspraktiken ihr Geld machen. Damit werden die Rahmenbedingungen für all die seriösen Unternehmen besser.
Verbraucheragenda
Die Anpassung der Verbraucherrechte an den wirtschaftlichen und sozialen Wandel ist ein Kernelement der „Europäischen Verbraucheragenda“. Diese Strategie für die Verbraucherpolitik definiert Leitlinien für unsere Arbeit bis 2020 und konkrete Aufgaben für die nächsten zwei Jahre. Wichtige Initiativen, die die Europäische Kommission auf den Weg gebracht hat, sind das optionale europäische Kaufrecht und die Datenschutz-Reform, zu denen ich gleich noch etwas sagen werde. Wir wollen aber darüber hinaus auch mehr Transparenz bei digitalen Produkten, sowie eine bessere Umsetzung und effektivere Anwendung in der Praxis der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Denn oft geht es nicht darum mehr Verbraucherschutz durch mehr Gesetze zu erreichen, sondern durch mehr Handeln – auf der Basis der starken Gesetzte, die wir bereits haben.
Meine Damen und Herren,
ich habe zu Beginn gesagt, dass der Termin Ihres “EU-Tages” besonders gut gewählt ist. Denn heute treibt die Europäische Kommission den Verbraucherschutz noch einige Schritte weiter, auch im Interesse der ehrlichen Kaufleute gerade im Internet. Wir werden in etwa einer halben Stunde in Brüssel eine Bilanz der ersten fünf Jahre der Richtlinie über unfaire Geschäftspraktiken vorlegen, die in Deutschland im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb umgesetzt wurde.
Zunächst einmal ist die Bilanz positiv: die Bereitschaft online einzukaufen ist seit Einführung der Richtlinie gestiegen. Verbraucher haben mehr Vertrauen: laut jüngsten Erkenntnissen tätigen Verbraucher jetzt mehr grenzübergreifende Einkäufe: 52%, + 19 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2006, als die Regeln noch nicht umgesetzt waren.
Die Richtlinie hat es den nationalen Stellen ermöglicht, unfaire Geschäftspraktiken in vielen Fällen erfolgreich zu bekämpfen. Denken Sie an Lockangebote – den berühmten 1 Euro Flügen nach Barcelona -, die es in Wirklichkeit gar nicht gab; an angeblich kostenlose Angebote, die den Verbraucher nach einem Mausklick teuer zu stehen kamen und vieles andere mehr. Die Richtlinie und die darauf basierende Arbeit der Behörden auch in den deutschen Bundesländern haben dazu beigetragen, mehr Vertrauen bei den Verbrauchern zu schaffen.
Zugleich aber gibt es auch Bereiche, in denen wir noch mehr tun können: Gerade grenzüberschreitende Fälle machen es nationalen Verbraucherschutzbehörden oft schwer, schnell und effizient zu reagieren. Nehmen Sie das Beispiel eines führenden Anbieters von Computern, Smartphones und ähnlichen Geräten, den Sie alle kennen: Apple. Das Unternehmen war in einem EU-Staat belangt worden, weil es sich für eine Zwei-Jahres-Garantie bezahlen ließ, obwohl – wie Sie alle wissen – der Verbraucher nach bestehender EU-Gesetzgebung darauf sowieso ein Anrecht hat. Ein großer multinationaler Konzern hat also Geld aus der Tasche der Verbraucher gezogen für etwas, was eigentlich kostenlos ist. Kurz: Apple hat die Verbraucher veräppelt. Ich habe daraufhin die zuständigen Minister in allen EU-Staaten auf das Problem hingewiesen und sie gebeten, sich ebenfalls mit diesem Fall zu beschäftigen. Die bislang eingegangenen Antworten zeigen, dass nationale Stellen die Richtlinie in solchen Fällen sehr unterschiedlich interpretieren. Manche Verbraucherbehörden erkennen das Problem und haben bereits Apple ermahnt und sogar Sanktionen verhängt (Italien), andere sind nicht sicher, ob die Richtlinie über unlautere Praktiken hier Anwendung findet.
Es gibt also noch viel zu tun. Gemeinsam mit den Behörden der Mitgliedstaaten wollen wir gemeinsame Antworten suchen und eine kohärente Anwendung gewährleisten. Wir werden zum Beispiel die Leitlinien über unfaire Geschäftspraktiken erneuern und ergänzen. Wir werden auch das Europäische Verbraucherschutz-Netzwerk stärken. Ich möchte in Zukunft mehr gemeinsame Überwachungsmaßnahmen (sogenannte „Sweeps“) sehen. Die fünf bislang durchgeführten „Sweeps“ in den Sektoren Internet-Verkäufe von Flugtickets, Klingeltöne für Handys, elektronische Produkte, Eintrittskarten für Sport- und Kulturveranstaltungen sowie Verbraucherkredite haben dazu beigetragen, dass die EU-Vorschriften heute verstärkt eingehalten werden. Die Behörden prüften gemeinsam rund 2200 Websites verschiedener Sektoren. Durchschnittlich wurden 80% der Websites, bei denen Verstöße gegen das Verbraucherrecht festgestellt worden waren, dann auch berichtigt. Das ist ein gutes Beispiel wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf der Basis von einem EU-Gesetz erfolgreich etwas bewirken kann. Beim europäischen Verbrauchergipfel in Brüssel am 18. und 19. März werden all dies wichtige Themen sein.
Aber nicht nur durch die Richtlinie über unfaire Wettbewerbspraktiken haben wir bereits gute Instrumente für den Verbraucherschutz bei Internet-Geschäften. Auch die Verbraucherrechte-Richtlinie, die spätestens im Dezember dieses Jahres umgesetzt werden muss, ist auf die digitale Realität ausgerichtet. Und die Richtlinie aus dem Jahr 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen erfüllt weiter ihre Funktion.
Wenn ein Verkäufer die Verantwortung für Schäden ablehnt, die sein Produkt trotz sachgemäßer Nutzung verursacht, ist diese Klausel zulasten des Verbrauchers unwirksam. Das gilt heute genauso für Software, wie es 1993 für CD-Spieler gegolten hat. Tatsächlich hat unsere Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für digitale Dienste in den Mitgliedstaaten ergeben, dass wir in diesem Bereich im Moment keine neuen Verbraucherschutzgesetze brauchen.
Eine Untersuchung der häufigsten Probleme hat gezeigt, dass Nutzer digitaler Dienste vor allem mehr, korrektere, und besser verständliche Informationen brauchen. Fast jedes zweite Problem ging auf Informationsdefizite zurück. Diese Ergebnisse sind schon in die Verbraucherrechterichtlinie eingeflossen. Käufer digitaler Produkte müssen in Zukunft besser informiert werden, insbesondere über die Funktionalität und die Interoperabilität der Produkte. Es soll in Zukunft nicht mehr vorkommen, dass man sich einen Film oder ein Lied aus dem Internet herunterlädt nur um dann festzustellen, dass man den Titel auf seinem Handy oder Computer nicht abspielen kann.
Damit die neuen Regeln auf die Vielzahl der digitalen Produkte und Geschäftsmodelle anwendbar sind, werden wir gemeinsam mit den Vollzugsbehörden in den Mitgliedstaaten Leitlinien zur Interpretation der Informationspflichten bei digitalen Produkten erarbeiten.
Ich halte es für wichtig, einen europäischen Ansatz zu finden, der die kohärente Interpretation und Anwendung dieser neuen Regeln ermöglicht. Die Verbraucher interessiert es nicht, ob sie ihre Musik zuhause in Deutschland oder im Urlaub in Spanien hören. Sie wollen nur, dass alles genauso funktioniert wie sie es gewohnt sind. Wir glauben, dass diese Leitlinien sowohl den Behörden als auch den Unternehmen zusätzliche Sicherheit beim Umgang mit der Richtlinie geben werden. Wir wollen die Leitlinien im März nächsten Jahres vorlegen.
Gemeinsames Europäisches Kaufrecht
Wie sie wissen, will die Kommission aber im Interesse von Verbrauchern und Unternehmen einen wichtigen Schritt weiter gehen.
Der Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, den die Kommission im letzten Jahr vorgelegt hat, könnte insbesondere den Online-Handel voranbringen und gleichzeitig Verbraucher schützen und ihr Vertrauen erhöhen. Der nationale Internethandel wächst beständig, aber vor Bestellungen im EU-Ausland schrecken die Verbraucher noch zurück, auch weil sie unsicher über ihre Rechte sind. Nur 9 % der Verbraucher bestellen in einem anderen EU-Land, obwohl sie in vielen Fällen Geld sparen könnten. Auch das Warenangebot ist im Ausland häufig vielfältiger. Viele Unternehmer verweigern allerdings auch die Lieferung in andere Länder, weil sie sich nicht auf weitere Rechtssysteme einlassen wollen. Drei Millionen Verbraucher erleben dies jedes Jahr, darunter 400.000 deutsche Verbraucher.
Noch immer liefern neun von zehn Unternehmen in der EU nicht in andere EU-Länder. Und die Mehrzahl der exportierenden Unternehmer beschränkt sich auf höchstens drei Länder.
Ein Grund dafür ist das Nebeneinander von 27 verschiedenen nationalen Vertragsrechtssystemen. Denn es ist schwieriger und teurer, ins Ausland zu liefern als im Inland. Unternehmer müssen, wenn sie Verbraucher im EU-Ausland beliefern wollen, auch fremde Vertragsrechtsordnungen berücksichtigen. Durchschnittlich kostet dies ein Unternehmen pro Mitgliedstaat 10.000 Euro zusätzlich.
Dadurch entgehen der EU-Wirtschaft wichtige Vorteile. Gerade in der jetzigen Wirtschaftslage kann man eigentlich niemandem erklären, warum das richtig sein soll.
Das optionale europäische Kaufrecht, das die Kommission vorgeschlagen hat, stellt eine innovative Lösung dar und vereinfacht den grenzüberschreitenden Handel bedeutend. Davon profitiert in besonderem Maße ein exportorientiertes Land wie Deutschland.
Das optionale europäische Kaufrecht ist auch die richtige Antwort auf die Herausforderungen der digitalen Welt: Es enthält Regeln über digitale Inhalte. Insbesondere enthält es Regelungen für die Fälle, in denen es bei der Bereitstellung digitaler Produkte Probleme gibt. Zum Nutzen der Verbraucher und der Unternehmen.
Das europäische Kaufrecht ist optional: „Wahl“ ist das Schlüsselwort: Die Vertragsparteien können es wählen, müssen aber nicht. Der Verbraucher kann eine bewusste Entscheidung treffen: Bevor er es wählt, wird er über die wesentlichen Inhalte des Europäischen Kaufrechts informiert. Und wichtig: Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch bleibt unangetastet.
Das optionale europäische Kaufrecht führt zu einer Win-Win-Situation: Unternehmen können Kosten sparen, weil sie auf Grundlage eines einzigen Vertrags und einer einzigen IT-Plattform ihre Produkte in allen Mitgliedstaaten verkaufen können. Weil Unternehmer in mehr Mitgliedstaaten liefern, werden Verbraucher eine größere Auswahl zu niedrigeren Preisen vorfinden. Dabei werden die Verbraucher aber auch rechtlich geschützt: Sie profitieren nämlich von einem hohem Verbraucherschutzniveau, das in seiner Gesamtheit höher ist als geltendes deutsches Recht.
Datenschutz
Dies bringt mich zu einem anderen Vorschlag, der ebenfalls ein Schutzniveau mit hohem Standard garantieren soll, und der nicht hinter dem deutschen zurückbleibt. Die vorgeschlagene Grundverordnung zum Datenschutz modernisiert die bestehende Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995 – einer Zeit, in der das Internet in den Kinderschuhen steckte und der Facebook Gründer gerade mal elf Jahre alt war.
Dabei war unser Ausgangspunkt, dass der Datenschutz heute ein durch die EU Grundreche-Charta garantiertes Grundrecht ist. Ein Grundrecht, dessen sich beinahe 80 Prozent der Europäerinnen und Europäer nicht sicher sind: sie fürchten, keine Kontrolle darüber zu haben, was mit ihren Daten passiert.
Die Verordnung soll für einheitliche Regeln sorgen, um ein Durcheinander bei der Auslegung in den 27 Staaten zu beenden, von dem weder Verbraucher noch Unternehmen etwas haben.
Sie soll für ein hohes Schutzniveau sorgen, darüber bin ich mir auch mit Bundesverbraucherschutzministerin Aigner und Innenminister Friedrich einig. Und sie soll das Recht auf Datenmobilität gewährleisten. Dies bedeutet, dass die Nutzer in der Lage sein müssen, ihre persönlichen Daten von einem Server zum anderen, von einem Unternehmen zum anderen und von einem sozialen Netzwerk zu einem anderen zu übertragen, oder auf ihren eigenen Geräten zu speichern, ohne Ärger und unnötige Kosten.
Die Datenschutzverordnung schafft nicht nur neue Rechte, wie etwa das Recht auf Datenmobilität, oder das Recht informiert zu werden, wenn die Kreditkartendetails gehackt werden. Sie überträgt auch bereits bestehende Rechte ins digitale Zeitalter. So etwa das berühmte „Recht auf Vergessenwerden“. Das Recht, eine Löschung seiner Daten zu verlangen, ist nicht völlig neu – es existiert bereits in unserer Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995, allerdings nur, wenn die Daten nicht korrekt oder unvollständig sind. Das „Recht auf Vergessenwerden“ wird in unserer Verordnung ins Internet-Zeitalter übertragen und gestärkt. Nutzer müssen das Recht, und nicht nur die Möglichkeit, haben die Zustimmung zur Verarbeitung ihrer Daten jederzeit zurückzuziehen – wenn die Daten nicht mehr für legitime Zwecke benötigt werden. Die Beweislast muss dabei beim Unternehmen liegen – es muss also nachweisen, dass die Daten weiter gespeichert werden müssen, und nicht gelöscht werden können, nicht der Nutzer, wie bisher. Der Wirbel um den Wiener Jurastudenten, der die Herausgabe aller über ihn gespeicherten Informationen bei Facebook verlangte und 1200 ausgedruckte Seiten erhielt, auf denen sich auch längst gelöschte Daten wiederfanden, beweist geradezu, warum wir das Recht auf Vergessenwerden in der EU-Gesetzgebung klar regeln müssen.
Mehr Kontrolle der Menschen über ihre Daten soll ein Gegengewicht schaffen zur Konzentration und marktbeherrschenden Stellung, die wir in der E-Commerce-Branche beobachten können.
Wenn wir das Potential des Binnenmarktes nutzen wollen, müssen wir nicht nur die Infrastruktur entwickeln und unsere fragmentierte Rechteverwaltung für digitale Produkte verbraucherfreundlicher machen. Wir müssen auch die Verbrauchergesetze dem geänderten Bedarf anpassen. Wir müssen sicherstellen dass die Rechte nicht nur auf dem Papier existieren, sondern dafür sorgen, dass Verbraucher Vertrauen fassen können, wenn sie den Binnenmarkt nutzen.
Sie sehen: Die Kommission hat wichtige Vorschläge im Sinne des Verbraucherschutzes gemacht, aber sie ist auf die Mitgliedstaaten – und in Deutschland auch auf die Länder – angewiesen, damit diese Realität werden können. Wir brauchen Ihre Unterstützung beim optionalen europäischen Kaufrecht, bei den Datenschutzverhandlungen und bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten.
Ich hoffe ich kann auf Sie zählen, denn die Verbraucher zählen auf uns!
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